11. April 2010

Da vorn ist vorn


Es gab keinen Kuhzusammenstoß.

Dafür Straßen wie in Deutschland.

Wolken wie im Himmel.

Und Wälder ohne Wege.

Kirschners essen knallhart und unerschrocken alles und überall.
Frauke übersetzt und probieren macht bekanntlich klug.

Kippen, Koranverse, Kaugummis und Kekse.
Wolfgang an der Kasse mit Testessen.

Ja Fraukes Fingernagel ist abgebrochen.
Die Milchflasche war Schuld, die Sau!

Weil ich grad so auf Wolken stehe.

Wir fahren aus der Mitte Malaysias in den Nordosten des Landes. Vom Taman Negara zu den Perhentian Inseln. Das klingt ohne die exotische Kulisse wenig aufregend, ist aber ein Krimi erster Kajüte. Schuld ist die Orientierung. Straßenbeschilderungen und Karten des Landes existieren zwar, sind jedoch fast immer ungenau oder einfach veraltet. Auch ausgedruckte Google Maps Karten helfen übrigens wenig, da diese Orientierungshilfe nur von Kreuzung zu Kreuzung hilft und selten generelle Richtungen angibt. Weil aber kaum eine Kreuzung ausgeschildert ist, können wir aus dem Papier nur Origamifrösche basteln. Das Herumirren ist aber auch schön. Richtig schön. Wir entdecken unglaubliche Landschaften. Manchmal trauen wir unseren Augen nicht vor soviel Herrlichkeit. Wir kommen schneller voran als jeder Bus, denn keiner von uns muss zwischendurch beten. Pinkelpausen gibt es nur, wenn die Kinder schon gelb im Gesicht sind und Essensbuden am Straßenrand rumstehen. Auf langweiligen Straßenabschnitten brettern wir schnell wie Dorfdeppen und gewinnen damit Zeit für die schönen Abschnitte, die wir im Ochsenkarrentempo befahren.

10. April 2010

Urmenschen in T-Shirts

Zu den Waldmenschen geht es per Boot.

Schwimmweste ist ein Muß, denn der Fluß ist wild.

Angekommen. Frauke, Ferdi und der geldgierige Führer.

Das Dorf besteht eigentlich aus getrocknetem Laub.

Hier ist die Waschküche.

Das die Küche.

Die Orang Asli Männer zeigen, wie Blasrohrpfeile hergestellt werden.

Und die Weißen sehen zu.

Die Kinder wundern sich über die vielen Leute.

Sie staunen.

Und starren.

Kurzer Stopp auf dem Rückweg zum Abkühlen.

Der Kopf von Frauke brodelt vor Hitze.

Und erzeugt riesige Wolken am Himmel.

Wir besuchen die Orang Asli. Die Orang Asli sind die Ureinwohner Malaysias. Sie sind Jäger, Sammler und Halbnomaden in den schwer zugänglichen Waldgebieten des Landes. Ohne Ortskundigen ist kein Zusammentreffen möglich. Die Orang Asli erinnern uns vom Aussehen her an die australischen Aboriginies oder die Naturvölker Papuas, die wir beide nur aus dem Fernsehen kennen. Diese Menschen hier sind echt. Als wir in das Dorf kommen, packt uns das schlechte Gewissen. Wir sehen keine Dschungelromantik sondern nackte Armut. Hier pflückt niemand süße Früchte von bunten Dschungelbäumen, sondern trotzt dem Wald jedes Gramm zum Überleben ab. Zeitgleich mit unserem Boot erreichen auch andere Touristen das Dorf. Die Weißen stapfen mit Kameras durch das winzige Dorf. Alle sind neugierig, aber keiner weiß, wie man sich verhalten soll. Ein Forscher versammelt später die Weißen um sich und erzählt Wissenswertes über die Waldmenschen. Er erklärt Grundlagen der Überlebensstrategien und erläutert den richtigen Bau eines Blasrohres mit Pfeil. Als er fertig ist, laufen wir schnurstracks zum Boot zurück. Wir fühlen uns wie erwischte Voyeure und kommen uns blöd vor. Per Boot tuckern wir in unsere Welt der Mikrowellen, LCD Fernseher und Einlegesohlen zurück.

Grüner Rausch

Bäume groß, Menschen klein. Der Taman Negara.

Bei den Proportionen im Urwald, fühlen wir uns oft wie Zwerge.

Das ist der Ipoh Baum. Der giftige braune Saft an der Messerklinge legt jeden um und ist ein beliebtes Pfeilgift der Waldmenschen.

Kirschners versuchen sich still an den Rückweg zu erinnern.

 
Jut druff durch Kampfschwitzen. Robi und Ferdi.

Durch die Baumkronen geht es beim Canopy Walk.

Es gibt sogar Treppen in 35m Höhe.

 
Natürlich auch Reptilien  die an Nachbarbäumen kleben.

Wenn Du eine Baumkrone bist, sieht so der Dschungel für Dich aus.


Spazierengehen heißt laufen und es macht Spaß sich eine Umgebung, eine Landschaft oder eine Stadt zu „erlaufen.“ Einen Dschungel zu „erlaufen“ ist so, wie einen blutgierigen Dinosaurier zuzureiten. Es geht nicht. Zumindest nicht in unserem deutschen Sinne. In einem Dschungel bist Du ohne Führer und entsprechende Kenntnisse und Ausrüstung ziemlich hilflos. Wir lernen das Lianen vor dem Verdursten retten können, staunen über wilde Dschungelbienen und ängstigen uns vor dem tödlichen Saft unscheinbarer Bäume. Trotzdem gilt der Taman Negara als freundlicher Dschungel. Es existieren Pfade und Flüsse durch das rauschende Grün. Feuchte Hitze, Grün in allen erdenklichen Facetten und Geräusche ohne klare Herkunft oder Absicht benebeln uns alle ordentlich. Wenn ich Frauke, Ferdi und Kirschners verstohlen beobachte, sehe ich auch in ihren Gesichtern und Gesten die ersten Dschungelüberdosis-Anzeichen. Mir fällt die Schlußszene von „Aguirre – Der Zorn Gottes“ ein. Klaus Kinski treibt da–natürlich frisch wahnsinnig geworden– auf einem Floß voller Affen auf einen Dschungelstrom rum. Enden wir auch so grandios?

Ich bin da. Das Internet nicht.

Das Internet hängt in Malaysia oft in der Luft und am seidenen Faden.


Verzeihung für die unregelmäßige Berichterstattung der letzten Tage. Es ist verhext, egal wo wir ankommen, fällt das Internet aus, ist grade kaputt, Stromausfall oder oder oder … Als Krönung verfolgt uns das Böse nun auch nach Hause. In unseren vier Wänden in Penang gibt es auch kein Netzt mehr. Das ist ein Zeichen und ich kann es lesen.



6. April 2010

Auf Achse

Kuala Lumpur verabschiedet uns mit tränenreicher Überschwemmung.

Autobahn in die Urzeit.

Latsch und Bommel sind natürlich mit an Bord.

Hier mal erschöpft.

Biosprit wird aus riesigen Palmplantagen gewonnen. Monokultur pfui!

An der Panne vorne fahren wir vorbei. Ein Raub reicht.

Ich steuere unseren Wagen mit der Kraft meiner Gedanken, 
dem Fenstergriff und Laserbrillenstrahlen.

Von der Räuberstadt Kuala Lumpur geht es nach Norden. Wir wollen zum Taman Negara. Der Taman Negara ist 130 Mio. Jahre alter Urwald!!! Nationalpark. Von Menschen kaum berührt. Ob das weltweit einmalig ist, wissen wir nicht, aber sehenswert auf jeden Fall. Wir fahren hin. Diesmal in unserem Spacko Spoiler Langstreckenwagen. Ca. 350 km sind zu bewältigen. Obwohl wir das Land ein wenig kennen, ist es trotzdem eine Reise ins Unbekannte. Mal wir vorne, mal Kirschners vorn. Manchmal sieht die Strecke aus wie die Alpen, später wie Afghanistan und später wie in der Karibik. Erfahrung kommt nicht umsonst von erfahren.

Hauptstadt des Verbrechens

Der Sumpf des Verbrechens von oben.

Da war der Rucksack noch auf der Schulter.

Sich endlich in Asien wieder zusehen und auf Deutsch vollquasseln 
zu können, ist das Größte überhaupt.

Auf dem Revier. Die Frau mit Kopftuch ist Polizistin. Sie beobachtet nicht die Kinder vor ihr, sondern den Fernseher mit Seifenopern im Hintergrund. 

Fight Club Boy. Das nächste Mal gegen Räuber.

Mit ausgeraubter Gastfamilie vor den Petronas Towers.

Unsere letzte Rundreise durch Malaysia beginnt. Familie Kirschner ist da. Unsere Gäste. Aus Wandlitz nach Kuala Lumpur. 14 Stunden Flug und 13 Stunden Zwischenhalt. Von 5°C auf 35°C hochgearbeitet. Die Kirschner Jungs lachen bei der Ankunft. Diese Leistung und der Mut sich herzuwagen, werden bestraft durch einen garstigen Raub. Das Ganze lief so ab: wir spazieren durch einen ruhigen Park, wollen uns Tiere ansehen, kurz die Großstadt von oben betrachten. Ferdi und Robi sollen rennen und toben können. Wolfgang passt einen Moment nicht auf und ein vorbeirasender Motarradfahrer schnappt sich seinen Rucksack, den er grad in der Hand hält. Bis wir alle begriffen haben, was geschehen ist, hockt der Räuber schon zu Hause und lacht sich ins Fäustchen. Kann er auch. Denn außer der halben Urlaubskasse sind sämtliche Pässe, Führerscheine, Brillen und eine Kamera in dem Rucksack gewesen. Das hat gesessen. Hinterher ist man natürlich schlauer. Wir verbringen den restlichen Tag bei der Polizei, bei der deutschen Botschaft und am Telefon, um mit deutschen Behörden und Banken zu telefonieren. Das ist unglaublich zäh und ich glaube mittlerweile, es ist einfacher Meerschweinchen Atomkraftwerke bauen zu lassen, als echte Hilfe von diesen Institutionen zu bekommen. Doch Kirschners bleiben stahlhart. Sie wollen Urlaub machen und am nächsten Morgen brechen wir zum Taman Negara auf.

Bunter Teller

Ashraf empfängt seine Gäste. Alles unter zehn Gästen 
gilt in Malaysia als verlorener Abend.

Die Bude ist voll auch wenn es nicht so aussieht. 
Außer Frauke essen alle Frauen in der Frauenecke.

Erste Sichtung der Nahrung.

Ihr Papa erzählt uns den ganzen Abend Geistergeschichten.

Was die Freundin erzählt weiß ich nicht.

Die Frauen haben gegessen und stellen den Fernseher 
für die Kinder an.

Ferdi findet es gut, dass die Mädchen ein bißchen Schiß vor ihm haben.


Wir sind zum Essen eingeladen. Zur Familie von Ashraf, einem Chinesen der zum Islam konvertiert ist. Seine Familie möchte uns verabschieden, denn bald sind wir wieder in Deutschland. Wir kennen ihn von Anfang an und er und seine Familie waren für Frauke unentbehrliche Helfer für Informationen und Kontakte. Das er ein symphatischer Kerl mit einer stämmigen Frau und drei Kindern ist, macht die Sache natürlich nochmal 1000 mal einfacher. Sein langer Weg zum Islam sprengt hier Grenzen. Wichtig sind Gastfreundschaft, Lachen, Sprechen und das Wissen das immer Leute auf der Welt rumlaufen, die ähnlich sind wie Du. Die ähnlich wie Du sind und trotzdem ganz anders.